Thundersnow hits Vienna

Am 20. Jänner 2022 schien in Wien wieder einmal ein typischer zu warmer Wintertag in Zeiten des Klimwandels zu werden. Allerdings bahnte sich im Laufe des Tages ein Ereignis an, wie es nur selten in den Wintermonaten vorkommt. Eine kräftige Kaltfront rauschte über Nordösterreich und brachte verbreitet Sturmböen über 70km/h, punktuell bis über 100km/h, heftigen Schneefall und sogar eingelagerte Gewitter.

Inhalt

Prognose

Es gab schon länger Anzeichen in den Prognosekarten, dass an diesem Tag eine Kaltfront das Frühlingswetter beenden wird. Allerdings wurde erst kurzfristig in den Karten klar, dass es sich um ein besonders heftiges Ereignis handeln wird.

Mesoskalige Synoptik

Die Großwetterlage war schon länger gesichert und man sieht sehr schön den Trog über Nordosteuropa. Besonders klar ausgeprägt war hier die Kaltfront an diesem Tiefdruckgebiet, die schwächere Warmfront hab ich grob geschätzt.

Quelle: https://www.wetterzentrale.de/

Hierbei handelt es sich sozusagen um ein klassisches Setup, denn ein Tief über Nordosteuropa und ein Hoch über dem Atlantik bzw den britischen Inseln bedeutet für unsere Breiten immer eine kalte Peitsche aus dem Norden. Vorausgesetzt, im Norden lagert kalte Luft.

Quelle: https://www.wetterzentrale.de/

Sehr deutlich ist auch zu sehen, wie die Kalte Luft über der Polregion Richtung Süden gezogen wird.

Im kleineren Maßstab sind die Druckunterschiede klar zu erkennen und die weißen Linien zeigen die Strömungsrichtung, mit der die kalte Luft förmlich Richtung Süden gerissen wurde.

Quelle: https://www.wetterzentrale.de/

Wind und Temperatur

Die Grenze dieser kalten Luft war eben diese Kaltfront und wurde vor allem durch eine sehr starke Druckwelle bemerkbar. Wie an der Konvergenzkarte klar zu erkennen ist. Mit dem Durchzug drehte der Wind schlagartig von West nach Nordwest.

Ebenso die Temperatur fiel drastisch ab, um mehr als 6°C in weniger als einer Stunde.

Simulierte Reflektivität

All diese Karten machten schon in der Prognose klar, dass ein besonderes Ereignis bevor stehen wird. Die Karten der simulierten Radar Reflektivität bestätigten die Vermutung, dass sich eine ausgeprägte Schauerlinie an der Vorderseite der Kaltfront bilden wird.

Wobei hier relativ große Unterschiede zu beobachten waren. Denn während das Kachelmann Modell Super HD bis über 40dBz Reflektivität in den Modellen anzeigte, ging zB das WRF Modell des amerikanischen Militärs, nur von schwächeren Erscheinungen aus.

Quelle: http://www.modellzentrale.de/WRF4km/index.php

Um die 30dBz sind zwar auch viel, aber vor allem bei Schneefall macht sich der Unterschied durch Einschränkung der Sichtweite stark bemerkbar. Wichtig ist aber, dass besonders konvektive Ereignisse in Ihrer tatsächlichen Stärke oft nur schwer vorherzusagen.

Ereignisablauf

Nowcasting – Einschätzung der aktuellen Entwicklungen

Dieses Mal konnte das Ereignis aber relativ genau vorhergesagt werden und das wurde schnell klar, als die Front Richtung Österreich zog. Dies konnte besonders am Radar beobachtet werden, was punktuell die Prognostizierten 40dBz und mehr anzeigte.

Quelle: https://www.chmi.cz/files/portal/docs/meteo/rad/data_jsradview.html

Bei dieser Stärke kann es bei Schneeschauern auch zu vereinzelten Blitzentladungen kommen, wie auch das Loop der registrierten Blitze bestätigt.

Aufgrund dessen erhoffte ich mir auch eventuell fotogene Wolkenstrukturen mit dieser Front. Was dann aber die Webcam in Laa an der Thaya zeigte, lies sogar mich noch ein zweites Mal genauer prüfen, ob denn das tatsächlich stimmen kann. Hier zog eine tief hängende Böenfront durch, wovon man selbst im Sommer oft nur Träumen kann!

Diese mächtigen Strukturen haben mich zu einem spontan Ausflug auf einen nahegelegenen Hügel veranlasst.

Der Aufzug

Kaum eine Stunde später baute sich vor mir eine prächtige Böenfront auf. Aufgrund der bodennahen starken Scherung gab es sogar einen Gustnado zu beobachten (Wolkenspitz links im Bild, zwischen rotem Kran und Hügel). Zum Glück war dieser nur leicht und ohne Schäden. Jedoch kann man am Weg dieser Front nicht ausschließen, dass es weitere Gustnados gegeben hat.

Dann ging alles sehr schnell und binnen weniger Minuten, erreichte die Böenfront auch meinen Standort. zwischen diesem ersten Bild und dem letzten lagen weniger als 10 Minuten. Jedoch möchte ich die Bilder für sich selbst sprechen lassen.

Danach peitschte die Front mit eisigem Nordwestwind übers Land und bald folgten die ersten Schneeschwaden, die alles binnen weniger Minuten in eine tiefwinterliche Landschaft verwandelt haben.

Während es eine Stunde zuvor noch sonniges Frühlingswetter gab, verwandelte sich die Landschaft mit dem Durchzug dieser Front blitzschnell in eine Winterlandschaft.

Blitze im Winter

Blitzschnell ist mit Durchzug der Front der richtige Ausdruck, denn nahe von meinem Standort wurden sogar zwei Blitze registriert, deren Donner deutlich zum hören waren.

Das kann besonders im Winter besonders gefährlich sein, da man aufgrund des starken Schneefalls die Blitze nicht sehen kann. Ebenso kommen diese aber auch weitaus überraschender als im Sommer, da oft nicht damit gerechnet wird. Andererseits , ist es jedoch viel spannender so etwas zu erleben. Denn mitten im eisigen White Out ein lauter Donner stellt ein ganz besonderes Erlebnis dar.

Auswirkungen

Wie schon erwähnt, brach dieser Schneesturm binnen weniger Minuten übers Land. Dies wurde auch an der Wetterstation der naheliegenden BOKU sehr eindrucksvoll festgehalten.

Die schwarze Linie zeigt den Zeitpunkt des Frontdurchgangs. Klar zu erkennen ist der Temperturabfall um über 6°C in weniger als einer Stunde. Ebenso sieht man auch schön den plötzlichen Windsprung und den plötzlichen Anstieg des Luftdruckes.

Leider ist bei solchen Ereignissen eine Niederschlagsmessung sehr schwer, da der Wind den Schnee extrem verfrachtet. So können teilweise massive Abweichungen entstehen. Allerdings lagen nach dem Ereignis rund 5cm Schnee, was auch mit den vorhandenen Daten gut übereingestimmt hat.

Quelle: https://kachelmannwetter.com/at

Schlusswort

Zum Abschluss möchte ich noch gerne ein kurzes Video zeigen, was die Heftigkeit dieser Front zeigt. Denn einmal mehr wird klar, dass die Natur binnen weniger Minuten sehr heftige Wettererscheinungen bringen kann und mit der Klimaerwärmung werden solche Ereignisse in Zukunft wohl häufiger zu erwarten sein.

Quellen:

https://kachelmannwetter.com/at
https://www.wetterzentrale.de/
https://meteo.boku.ac.at/wetter/aktuell/index.html
https://www.chmi.cz/files/portal/docs/meteo/rad/data_jsradview.html
https://www.windy.com/de/-Webcams/Laa-an-der-Thaya/
https://www.blitzortung.org/en/live_lightning_maps.php?map=16
http://www.modellzentrale.de/WRF4km/index.php

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