Frühlingsschnee 2022

Wie jedes Jahr im März und April gab es auch heuer wieder einen harten Kampf zwischen Frühling und Winter. Während in den letzten Jahren öfters der Frühling als deutlicher Sieger, teils mit sommerlichen Temperaturen hervorging, gab es heuer einen herben Rückschlag. Wie so etwas passieren kann und warum dies genau zu dieser Jahreszeit passiert, werde ich in diesem Beitrag näher erläutern.

Inhalt:

Ausgangslage

Temperatur

Wie schon seit langer Zeit, war auch der Start des Jahres 2022 einmal mehr zu warm und zu trocken. Zieht man hier eine Statistik hinzu, wird auch in Zahlen deutlich, wie dramatisch die Situation derzeit ist.

Satte 2,1°C ist das erste Quartal 2022 an der Wetterstation Hohe Warte in Wien zu warm gewesen im Vergleich zum Mittelwert von 1981-2010. Das ist ein Trend, der sich schon seit vielen Jahren entwickelt hat und auf vielen anderen Wetterstationen ebenfalls zu beobachten ist.

Da scheint dieser kleine Ausreißer Anfang April durchaus besonders zu sein. Allerdings wird beim stöbern in den Wetteraufzeichnungen schnell klar, dass dies eben nicht so ist. Ebenso gabs auch Mitte April 2017 Frühlingsschnee und Anfang April 2013 sogar einen signifikanten Wintereinbruch mit Dauerfrost!

Trockenheit

Nicht nur die Temperaturen sind zu hoch, sondern auch der Niederschlag fehlt. Bis zu zwei Drittel weniger als im Durchschnitt, beziehungsweise aufs gesamte Land gerechnet fehlt im ersten Quartal 2022 rund ein Drittel der durchschnittlichen Niederschlagsmenge.

Nur in den Staulagen der Alpen gibt es vereinzelt Gebiete in denen es keine so gravierende Trockenheit gibt. Ansonsten ist es Flächendeckend zu trocken und das macht sich auch in den Grundwasserständen bemerkbar.

In dieser Grafik erkennt man sehr schön, dass viele Grundwassermessstellen derzeit in der Nähe ihrer Rekord Tiefststände liegen (Rote Punkte) und nur teilweise normale (Grüne Punkte) Pegel gemessen werden. Hohe Grundwasserstände (Blaue Punkte) bleiben die Ausnahme. Ebenso auch dieser Trend untermauert die anhaltende Trockenheit.

Die kalte Peitsche aus dem Norden

In nachfolgender Animation sieht man den Druckverlauf über Europa während der zweiten Märzhälfte. Ein Bild entspricht jeweils einem Tag und es ist über Mitteleuropa komplett festgefahrener Hochdruck (Orange) klar zu erkennen. Erst mit einem Tief aus Norden (Blau/Grün) wurde dieser verdrängt und dieses Tief brachte dann auch das Winterwetter nach Mitteleuropa und konnte zumindest kurzzeitig die Trockenheit etwas mildern..

Vergleicht man die Wetterlage von 2013 und von 2022, ist sofort die Ähnlichkeit der beiden Setups zu erkennen. Dies passiert deswegen, da im Frühling der Polarwirbel über dem Nordpol schwächer wird und langsam zerfällt. Dies sorgt dafür dass auch einzelne Ausreißer Richtung Süden kommen können, was in den letzten 10 Jahren nun schon drei Mal mit signifikanten Wintereinbrüchen bis ins Flachland passiert ist.

Ein Tief über dem Atlantik, Hochdruck über England, Kaltluft im Norden und ein Tief über dem Mittelmeer, was die Kaltluft aus Norden anzapft und direkt Richtung Süden zieht. Eine Wetterlage, die alle paar Jahre wieder zu sehen ist, aber leider in Zeiten der Erderwärmung teils dramatische Auswirkungen mit sich bringt.

Denn während es 2013 nach einem sehr kalten März noch keine Blüte gab, standen Anfang April 2022 die Bäume schon in voller Blüte, was für die Landwirtschaft sehr große Probleme brachte. So werden eigentlich normale Ereignisse als um so dramatischer empfunden, da diese stärker von den mittlerweile zu hohen Temperaturmittelwerten abweichen.

Am 20. April 2017 war der späteste Wintereinbruch der jüngeren Vergangenheit, als sogar der blühende Flieder vom Schnee bedeckt wurde und in der Natur massive Schäden zu beklagen waren. Diese Wetterkarte ist mit der kalten Peitsche aus dem hohen Norden Richtung Mitteleuropa wohl selbsterklärend.

Das Ereignis – Schneefall im April

Nach einer langen frühlingshaften Phase im März und außergewöhnlich viel Sonnenschein, begannen auch die Bäume verfrüht zu blühen und das lässt den Wintereinbruch um so spektakulärer wirken. In nachfolgender Animation ist sehr schön zu erkennen, wie sich die kalte Luft langsam über Mitteleuropa ausgebreitet hat. Der Theta-E Wert beschreibt die Äquivalentpotentielle Temperatur und das Geopotential 850hPa beschreibt, in welche Höhe über Meeresniveau ein Luftdruck von 850hPa herrscht, wodurch sich Hoch und Tiefdruck bestimmen lassen.

Hier noch ein Kartenausschnitt im Detail und anhand dieser Karte ist die einsickernde Kaltluft deutlich zu sehen.

Wie so häufig bringt Abkühlung auch Niederschlag mit und in diesem Fall gab es vor allem auch über dem Wienerwald lokal Staueffekte, die den Niederschlag verstärkt haben.

Hier wurden Niederschlagsraten über 3mm/h erreicht, was in Form von Schnee bis zu 4cm/h bringen kann. An meinem Standort war es nicht ganz so viel, aber mit rund 2cm/h und kurzzeitig mehr, ebenso bemerkenswert.

Diesen Eindruck hat auch die Schneeanalyse der ZAMG bestätigt. Im Nordstau der Alpen sind 20cm Neuschnee Anfang April nichts Außergewöhnliches. Allerdings, dass im Westen Wiens bis zu 10cm Schnee gefallen sind und sogar in der Innenstadt und dem Flachland selbst eine dünne Schneedecke entstehen konnte, ist in der Zeit der Klimaerwärmung durchaus ein besonderes Ereignis geworden. Selbst im Winter ist dies mittlerweile zur Seltenheit geworden.

Lokale Wetterdaten am Standort

In nachfolgender Grafik sind die Wetterdaten der Tage vor und während des Ereignisses von der BOKU-Wetterstation aufgezeichnet.

Klar fällt auf, dass die Temperatur binnen weniger Tage von rund 20°C auf 0°C gefallen ist. Ebenso die Trockenheit wurde gebrochen, aber leider hat dies insgesamt nur für eine oberflächliche Befeuchtung des Bodens gereicht. Am darauffolgenden Tag, dem 3. April war der Schnee bereits am Nachmittag wieder komplett weg geschmolzen.

Schneefall am Abend des 2. Aprils 2022

In Zeiten der Erderwärmung wird Schnee leider immer seltener und deswegen gilt es aus jedem Schneefallereignis die schönsten Eindrücke raus zu holen. Denn wer weiß, ob wir in 10 oder 20 Jahren überhaupt noch Schnee im Flachland sehen werden. Dieser Gedanke und natürlich auch die Faszination zu diesem Wetterereignis hat mich am Abend zu einer Fototour veranlasst.

Winterüberraschung am Morgen des 3. April 2022

Während es dann danach in der Nacht noch für ein paar Stunden leicht weiter schneite, bot sich zum Sonnenaufgang ein wunderbar eindrucksvoller Wintergruß, gepaart mit Frühlingsboten. Anbei eine Galerie mit den Bildern die an diesem Morgen entstanden sind. Leider war am Nachmittag dieses Tages der gesamte Zauber schon wieder verschwunden, was aber angesichts der um diese Jahreszeit schon starken Sonnenstrahlung, auch zu erwarten war.
Ich wünsche viel Spaß beim durchschauen der nicht ganz so alltäglichen Frühlingsschneebilder.

Schlusswort

Ein Ereignis was in seiner Art und Weise eigentlich etwas Normales sein sollte, aber aufgrund der veränderten Klimaverhältnisse doch etwas Außergewöhnliches darstellt. Historisch betrachtet ist Schnee Anfang April etwas ganz normales, was zumindest alle paar Jahre vorkommt. In den Historischen Daten erkennt man schnell, dass es im März und April immer schon wärmere und kältere Phasen gab. Allerdings steigen in den letzten Jahren die Durchschnittstemperaturen und die Vegetation wird schon deutlich Früher aus dem Winterschlaf geholt. Dieser neue Umstand macht dies doch zu einem besonderen Ereignis. Ein Zeichen dafür, dass Wetter und Klima wie wir es bisher kannten, immer mehr durcheinander gerät und die statistisch betrachtet “zu Warmen” Phasen werden immer häufiger. Die Natur zeigt es uns um so deutlicher, denn die Pflanzen sind auf ein bestimmtes Klima angepasst. Wenn diese Anpassung, die sich im Laufe der Evolution ergeben hat nicht mehr passt, dann hat sich wohl zu schnell etwas grundlegend verändert. Dies ist vermutlich eines der deutlichsten Zeichen der Erderwärmung, wenn sich Vegetationsphasen in Jahreszeiten verschieben, in denen sie nicht sein sollten. Noch deutlicher wurde dies Mitte April 2017, als die Vegetation schon in voller Blüte stand und plötzlich Schnee vom Himmel fiel.

Zum Glück bleiben solche Extremereignisse bisher die Ausnahme und zum Abschluss möchte ich noch ein Video zum Schneeereignis vom April 2022 zeigen. Aufgenommen mit meiner erfreulicherweise wetterfesten Kamera.

Quellen:

https://kachelmannwetter.com/at
https://www.wetterzentrale.de/
https://meteo.boku.ac.at/wetter/aktuell/index.html
https://www.wetter3.de/animation.html
http://www.zamg.ac.at/incaanalyse
https://www.zamg.ac.at/cms/de/klima/klima-aktuell
https://ehyd.gv.at/

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